Conny's Plattenteller
 
 

 
 
Last update: 15.12.2002
 
     
 

2002
3. Quartal

 
     
 

 
     
Ich höre momentan (außer Chicago) ziemlich oft:
 

Sortiert nach Erscheinungsdatum

 
 
Conny's Plattenteller - Index
 
 

Bruce Springsteen: The Rising -2002-

BRUCE SPRINGSTEEN
THE RISING
Columbia COL 508000 2
jpc
(2002)
Länge: 72:57

Songs:
1. Lonseome Day
2. Into The Fire
3. Waitin' On A Sunny Day
4. Nothing Man
5. Countin' On A Miracle
6. Empty Sky
7. Worlds Apart
8. Let's Be Friends (Skin To Skin)
9. Further On (Up The Road)
10. The Fuse
11. Mary's Place
12. You're Missing
13. The Rising
14. Paradise
15. My City Of Ruins 

Musik-Art: Cotton-Rock

Conny's Kritik:
Obwohl erst 1 Jahr nach „Live In New York City“ oder 10 Jahre nach „Human Touch / Lucky Town“, so verstrichen doch noch gewaltige 18 Jahre nach „Born In The U.S.A“, bevor sich „The Boss“ zu einem gemeinsamen Studioalbum mit seiner Stammformation „The E-Street-Band“ entscheiden konnte.
„The Rising“ entstand nach dem 11. September und so ist es nicht verwunderlich, dass der eine oder andere Song mehr oder weniger davon beeinflusst wurde. Seine legendäre Begleitformation mit Roy Bittan (Keys), Clarence Clemons (Sax, Back Voc.), Danny Federici (Keys), Nils Lofgren (Guitars, Back Voc.), Garry Tallent (Bass), Steve Van Zandt (Guitars, Back Voc.), Max Weinberg (Drums) sowie Patti Scialfa (Voc.) liefert die nötige altbekannte Begleitung für Springsteen’s „Cotton-Rock“ („Cotton-Rock“ = Baumwolle-Rock, Baumwollhemd-Rock, Arbeiter-Rock), ohne aber besondere musikalische Akzente zu setzen. Ein Streicherensemble, mehrere Chöre und eine Horn-Sektion tragen ebenfalls zum passenden Stimmungsbild dieser Scheibe bei. Die alle von Springsteen geschriebenen Lyrics befassen sich meist mit Love-Dramaturgien, eindrucksvoll gesungen mit seiner (immer noch) markanten Stimme, des weiteren spielt er noch diverse Gitarren und Harmonika.
Die CD startet mit „Lonesome Day“, eine Midtempo-Rocker mit Streicherbegleitung („…Der Depp bin ich, aber alles wird gut – wenn ich nur durch diesen einsamen Tag durchkomme….“), gefolgt von „Into The Fire“, eine Midtempo-Rock/Gospel-Ballade mit spirituellem Charakter („….Deine Kraft möge uns stärken – gib uns mit Deinem Glauben Glauben – Mit Deiner Hoffnung Hoffnung – und mit Deiner Liebe Liebe….“) wieder mit Streicher, erholsam dagegen die Dobro beigemischt. „Waitin’ On A Sunny Day“ ist ein gefälliger Pop-Rocksong („…Ich brauche Dich, um diesen Blues wegzujagen – Ohne Dich bin ich Schlagzeuger ganz ohne Takt…“) mit Streicher á la Dexys Midnight Runners, Clerence steuert ein Sax-Solo bei. „Nothing Man“ kann man als mittelprächtige Pop-Ballade einordnen („…Liebling gib mir einen Kuss – Komm nimm meine Hand – Ich bin der Mann aus nichts….“), etwas schneller geht „Counting On A Miracle“ zu Werke, ein Midtempo-Rocker mit Streicher („….Aus Ihrem Traum wacht Dornröschen auf – Des Liebhabers Kuss auf den Lippen – Mir wurde Dein Kuss weggenommen…“), dramaturgisch „Empty Sky“ als Pop-Rocksong („…Aus den Ebenen von Jordanien schnitze ich meinen Bogen aus – Dem Holz des Baums des Bösen – Dem Holz des Baums des Guten…“) die Lyrics stark im Einfluss des 11. Septembers. „Worlds Apart“ kommt im Ethno-World-Soundgewand daher mit diversen Rock-Ausläufer, wieder ein Love-Thema („…Den Samen schmecke ich auf Deinen Lippen, leg’ meine Zunge auf Deine Narben….“), der schwächste Song folgt mit „Let’s Be Friends“, ein seichter Popsong mit Gospel-Chorgesang, („…Wir gehen auf dem gleichen Weg – Jetzt ist die Zeit, Haut an Haut zu berühren….“) aufgemischt mit dem Sax-Solo von Clarence, viel besser geriet „Further On“, ein rauer, düsterer Rocker mit apokalyptischem Thema („…Das Gewehr in Bereitschaft die Kugel kalt – Die Meilen gezeichnet in Blut und Gold…“), wogegen „The Fuse“ als House-Rocker mit interessanten Lyrics („….Die Zündschnur brennt – Mach die Lichter aus – Die Zündschnur brennt – Ich besorg’s dir richtig jetzt…“) die Lendengegend wieder auf Trab bringt. Etwas zu lang geriet „Mary’s Place“ („….Treffen wir uns bei Mary, wir werden eine Fete feiern…“), ein Pop-Rocker mit Bläser-Abteilung und dem obligatorischem Sax-Solo von Clarence und „You’re Missing“ verarbeitet ein Family-Love-Thema („….Bilder auf dem Nachttisch, TV läuft noch im Keller – Dein Haus wartet auf Dich…“) als Pop-Rock-Ballade mit Streichern und Orgel-Solo einigermaßen gut ab. „The Rising“ ist ein bewährter Springsteen-Rocksong mit spirituellem Thema („…Ich seh’ Dich Maria im Garten – In dem Garten der tausend Seufzer – Die Heiligenbilder der Kinder – Tanzen im glänzenden Himmel…“), während „Paradise“ eine ruhige, schwebende Ballade, nur mit Synth’s, Akustik-Gitarre und Elektrik-Gitarre begleitet, ein Love-Thema („…..Ich koste die Leere auf Deinen Lippen – Und warte aufs Paradies….“) zelebriert. Der letzte Song, „My City Of Ruins“, ist die eindeutige Verarbeitung des Anschlags vom 11. September 2001 auf New York’s World Trade Center im Sinne von Bruce Springsteen. Die Midtempo-Rock-Ballade („…..Die Kirchentür geht auf – Ich hör’ die Orgel spielen – Die Menschen sind schon weg – Meine Stadt der Trümmer….“) wandelt melancholisch unterstützt mit Gospel Chor spirituell daher und vermittelt patriotisches Denken.

Fazit: 15 Songs, alle von Springsteen selbst geschrieben, vermitteln im Sinne nach dem 11. September noch ein gehöriges Maß an Beachtung. Eindeutig der Durchfluss durch beinahe alle Songs der „Schockeffekt“ dieses Anschlags, eindeutig im letzten Song „My City Of Ruins“. Aber sonst? Ich kannte schon bessere Texte von Bruce. Ein bisschen enttäuscht bin ich schon von der legendären besten Rock-Band der Welt, der „E-Street-Band“, die sich zuviel dem „Boss“ unterordnet und keine musikalische Akzente setzt. Genauso gut hätte Bruce auch dieses Album wie schon in den letzten 18 Jahren Solo einspielen können. vielleicht hätte er auch den einen oder anderen Fremdkomponisten einladen sollen, das hätte diesem Album wirklich nicht geschadet.

Bewertung:
6-8 Punkte (von 10)


SOLOMON BURKE
DON'T GIVE UP ON ME
Fat Possum Records 0358-2
jpc
(2002)
Länge: 51:40

Songs:
1. Don't Give Up On Me
2. Fast Train
3. Diamond In Your Mind
4. Flesh And Blood
5. Soul Searchin'
6. Only A Dream
7. The Judgement
8. Stepchild
9. The Other Side Of The Coin
10. None Of Us Are Free
11. Sit This One Out

Musik-Art: Soul meets Blues and Rock

Solomon Burke: Don't Give Up On Me -2002-

Conny's Kritik:
Solomon Burke, von vielen als „King des Soul“ gekrönt, wurde 1940 in Philadelphia geboren. Im Alter von sieben Jahren sang er seine Kirchengemeinde in Feuer, mit zwölf hatte er schon eine eigene Kirche und strahlte von dort eine eigene Radioshow aus. Im November 1960 unterschrieb er seinen Vertrag mit Atlantic. In den nachfolgenden Jahren spielten selbst die weltlichen Rolling Stones seine Lieder nach. Burke, übrigens ordinierter Priester, wurde 1964 von Diskjockey Rockin’ Robin von WEBB in Baltimore zum König des Rock 'n’ Roll gesalbt. Er zeugte 21 Kinder und verkaufte nach seinen Auftritten handsignierte Bibeln.
Das vorliegende Album ist das erste Album, nachdem Solomon in die Rock 'n’ Roll Hall Of Fame aufgenommen wurde. Wie in den guten alten Tagen des Soul wurde das Album in 4 Tagen Live im Studio aufgenommen, man merkt es direkt an der lockeren Atmosphäre und der ungeschminkten Abmischung dieses Albums.
Formidable Musiker begleiten Solomon’s soulvolle Baritonstimme: Jay Bellerose (Schlagzeug, Perkussion), Chris Bruce (Gitarre), David Palmer (Piano, Keys), David Piltch (Bass), Rudy Copeland (Orgel) sowie Daniel Lanois (Gitarre), Bennie Wallace (Sax), The Blind Boys Of Alabama (Gesang), Niki Harris (Gesang) und Jean McClain (Gesang).
Es geht los mit Dan Penn’s „Don’t Give UpOn Me“, eine ungemein gefühlvolle Soul-Ballade, es folgt Van Morrison’s „Fast Train“, eine mit dem treibenden Besenrhythmus des Schlagzeugs angetriebene Gospel-Soul-Ballade. Tom Wait’s „Diamond In Your Mind“ ist ein Midtempo-Country-Rocker mit verschleierten Chorgesang (gewollt?), während Joe Henry’s „Flesh And Blood“ von Solomon in eine Soul-Jazz-Ballade mit Bläser verwandelt wird. Ein eingängiger Soul-Pop-Rocksong ist Brian Wilson’s „Soul Searchin“ und Van Morrison’s „Only A Dream“ ist eine formidabel gesungene Soul-Blues-Ballade, der beste Song dieser Scheibe. Elvis Costello’s „The Judgement“ rekrutiert sich zu einer klagenden Rock-Ballade aber Bob Dylan’s „Stepchild“ ist ein anständiger Midtempo-Blues-Rocker u. a. mit Daniel Lanois an der Gitarre. Was folgt? Nick Love’s „The Other Side Of The Coin“ als melancholische Country-Rock-Ballade, Barry Mann’s Soul-Gospel-Rocker “None Of Us Are Free” mit dem Gosel-Gesang der Blind Boys Of Alabama sowie Pick Purnell’s gefühlvolle Soul-Ballade “Sit This One Out”.
Was macht dieses Album hörenswert? Nun, da ist schon mal allein Burke Solomon’s unnachahmliche Art und Weise, diese verschiedenen Songs zu interpretieren und vor allem seine Stimme. Zudem baut die Live-Einspielung eine einmalige Atmosphäre auf, die man sonst nur noch in ausgesuchten Live-Clubs erlebt. Auch die solide Begleitband mit Rudy Copeland’s einprägsamer Soul-Orgel verdient Pluspunkte. Last, but not least: Es ist herrlich altmodisch!!

 

Bewertung:
8-9 Punkte (von 10)


Helmut Lachenmann: Schwankungen am Rand -2002-

HELMUT LACHENMANN
SCHWANKUNGEN AM RAND
Peter Eötvös
Ensemble Modern Orchestra
ECM New Series 1789 461949-2
jpc
(2002)
Länge: 72:58

Tracks:
1. Schwankungen am Rand (1974/75)
    Musik für Blech und Saiten

2. Mouvement (- vor der Erstarrung) (1983/84)

3. "....zwei Gefühle....", Musik mit Leonardo (1992)
    für Sprecher und Ensemble

Musik-Art: Moderne Klassik (Neue Musik)

Conny's Kritik:

Helmut Lachenmann wurde 1935 in Stuttgart geboren und traditionell zum Pianisten und Komponisten ausgebildet. Es dauerte Jahrzehnte, bis seine Musik im deutschen Sprachgebiet von einem größeren Publikum anerkannt wurde. In Frankreich, England und Japan dauerte die Anerkennung noch länger, und in den USA ist er ein Unbekannter geblieben.....
Schon verständlich, denn selbst den Hörern, die mit der Musik der Avantgarde nach 1950 vertraut sind, mussten Lachemanns Werke als eine völlig fremde Welt erscheinen, in der es weder einen „normalen“ Ton noch halbwegs vertraute Klangfortschreitungen gab.
Die vorliegende CD enthält 3 Werke von Lachemann, „Schwankungen am Rand“ von 1974/75, „Mouvement (- vor der Erstarrung)“ von 1983/84 und zuletzt „…zwei Gefühle…, Musik mit Leonardo“ von 1992.
Alle drei Werke sind mehr als ein Klangexperiment zu verstehen, in dem "der Ton gehegt und gepflegt, aber nicht dressiert wird".
In „Schwankungen am Rand“ verbinden sich Bläser, Streicher, Piano, Schlagzeug und Perkussionsschnipsel mit mythischen, rätselhaften Harmonien, fast unhörbare Fortissimo-Stellen, dann wieder aufgeraut von Papierrascheln, Stimmfloskeln und Donnerblech.
In „Mouvement ( - vor der Erstarrung)“ wird das Klanggeschehen einigermaßen etwas zusammenhängender als in „Schwankungen..“, trotzdem reißt das Orchester mit Streicher, Flöten, Bläser, Oboen, Perkussion und Glockenspieleinlagen den Zuhörer in abgrundtiefe Schluchten – Musik von einem anderen Stern.
In „…zwei Gefühle.... , Musik mit Leonardo“ werden unbeholfene Sprechversuche männlicher Stimmen von einem unruhigen Klangspektakel begleitet, das Klangeschehen wird wieder undefinierbarer. Streicher, Bläser, Perkussion, Piano, Gitarren und sogar Grunzlaute erzeugen ein schizophrenes Klangideal.
Wer als Musik- oder Klassikhörer nicht, aber auch gar nicht an den radikalen neuen Tönen in der Klassik interessiert ist, wird entsetzt weghören. Alle anderen Klangpioniere, die Musik als Kunst an sich betrachten und neue Klangstrukturen erforschen, werden ihre wahre Freude haben. Diese CD ist wie ein Kunstwerk, das man z. B. in einer Galerie als Bild kauft und zuhause in einem schönen Raum an die Wand hängt.

Bewertung:
7-9 Punkte (von 10)


MORCHEEBA
CHARANGO
WB/China Records 0927-46802-2
jpc
(2002)
Länge: 47:19

Songs:
1. Slow Down
2. Otherwise
3. Aqualung
4. Sao Paulo
5. Charango (feat. Pace Won)
6. What New York Couples Fight About (feat. Kurt Wagner)
7. Undress Me Now
8. Way Beyond
9. Women Lose Weight (feat. Slick Rick)
10. Get Along (feat. Pace Won)
11. Public Displays Of Affection
12. The Great London Traffic Warden Massacre

Musik-Art: Pop meets HipHop

Morcheeba: Charango -2002-

Conny's Kritik:
Überwiegend sonnig und heiter, durchaus poppig und entspannt präsentiert sich das HipHop-Trio Morcheeba (Paul Godfrey, Ross Godfrey & Skye) auf ihrem neuesten Album „Charango“.
Es sind bis auf einige Ausnahmen mid- oder downtempo- Popsongs, aufgelockert manchmal mit HipHop-Einlagen, solide vokalistisch aber nicht besonderes aufregend vorgetragen von Skye. Der Sound ist für den konservativen Hörer bis auf die Beats und manche Samples einigermaßen „alt“ geblieben, sogar Bass-Star Pino Palladino zeigt auf den meisten Tracks sein (unterfordertes) Können.
Das Album beginnt mit „Slow Down“, ein mittelprächtiger Midtempo-Popsong mit Gitarrensolo und Cello-Seele, etwas besser die behäbigen Popper „Otherwise“ (Orchesterbegleitung) und „Aqualung“ (Cello-Seele mit melancholischem Hintergrund). „Sao Paulo“ ist ein Latin- angehauchter Popsong mit Harmonica-Feeling, während „Charango“ in ein House/Hip-Hop-Instrumental mit Rap-Einlagen von Pace Won verwandelt wird. “What New York Couples Fight About“ ist eine knapp 6-minütige melancholische balladeske Verarbeitung des 11.September-Traumas mit Kurt Wagner, mit Harpsichord-Klängen, eigentlich der beste Song dieser Scheibe. „Undress Me Now“ ist eine sanfte, eingängige Pop-Ballade mit Orchesterbegleitung, genauso „Way Beyond“ als Midtempo-Pop-Ballade. Endlich mal wieder etwas aus dem Rahmen präsentiert sich der lustige Rap/HipHop-Popper „Women Lost Weight“ mit Slick Rick’s Rap-Einlagen, auch „Get Along“ enthält Rap-Einlagen von Pace Won, ist aber eher als Midtempo-Popper mit Orchester und etwas jazzig-angehauchter Stimme von Skye einzustufen. „Public Displays Of Affection“ ist wieder mal ein melancholischer, orchesterbelasteter Popsong, während der Schlusstitel „The Great London Traffic Warden Massacre“ in ein solides Pop/Dub-House-Instrumental mit Orchester und Stimmen von Miriam Stockley ausartet.

Eine relaxte Angelegenheit für den Sommer, aber traurigerweise nicht mehr und nicht weniger. Klar, Morcheeba versucht hier ambitioniert auch mal etwas anderes als nur Rap, HipHop oder House zu spielen, aber es fällt für meinen Geschmack (bis auf wenige Ausnahmen) etwas zu blass aus. Trotzdem noch hörenswert.

Bewertung:
6-7 Punkte (von 10)


Ernest Bloch: Trois Poemes Juifs -2002-

ERNEST BLOCH
TROIS POÈMES JUIFS - SYMPHONY IN E FLAT MAJOR -
EVOCATIONS
Andrey Boreyko
Malmö Symphony Orchestra
BIS Records BIS-CD-1183
jpc
(2002)
Länge: 71:12

Tracks:
1-4: Symphony in E flat major (1954/55)
5-7: Evocations, Symphonic Suite (1937)
6-10: Trois Poèmes Juifs for large orchestra (1913)

Musik-Art: Klassik

Conny's Kritik:
Ernest Bloch wurde 1880 in Genf geboren und starb 1959 in Portland, USA. Er lebte seit 1916 in den USA und versuchte, einen spezifisch jüdischen Stil zu schaffen, 1910 schrieb er die Oper „Macbeth“ und verschiedene Orchester- und Kammermusikwerke.
Die vorliegende CD enthält 3 Orchesterwerke, die „Symphonie in Es-Dur“, die symphonische Suite „Evocations“ und die epischen Kompositionen „Trois Poèmes Juifs“.
Die „Symphonie Es-Dur“ ist Blochs letztes großes Orchesterwerk. Sie wurde 1954/55 komponiert und 1956 vom BBC Scottish Orchestra uraufgeführt. Die viersätzige Komposition ist im neoklassizistischem Stil gehalten und startet mit dramaturgisch und langsamer verhaltener Musikstimmung, bevor das „Allegro“ mit lebhaften und lieblichen Tönungen wieder versöhnt. Teil 3 schwebt sanft und langsam verträumt dahin, bis das „Allegro deciso“ am Anfang überaus lebhaft, aber danach wesentlich ruhiger die Symphonie beendet.
Die symphonische Suite „Evocations“ entstand zwischen 1930 und 1937. Verwendet werden pentatonische (fünfstufiges, halbtonloses Tonsystem) Motive, die sich mit chinesischen Klangmustern gesellen und sich mit impressionistischen Atmosphären vereinen.
Die „Trois Poèmes Juifs“ sind die ersten Werke einer Reihe epischer Kompositionen, die Bloch als „Der Jüdische Zyklus“ bezeichnete. Sie wurden 1917 vom Boston Symphony Orchestra uraufgeführt, nur ein Jahr, nachdem er aus der Schweiz in die USA ausgewandert war. Der erste Satz ist dunkel, mystisch und lebhaft mit folkloristischen Tönungen, der zweite hingegen geriet sanft und feierlich. Der klagende letzte Satz enthält Rhythmen, die sich unablässig wiederholen und Musikstimmungen fabrizieren, die ungewohnt dramatisch Tiefen und gewaltige Höhen enthalten.

Eine überzeugende Orchesterleistung vom „Malmö Symphony Orchester“ unter der Leitung von Andrey Boreyko verhindert Mittelmäßigkeit, sie wird dem hohen Anspruch der unterschiedlichen Charakteren dieser einzelnen Orchesterwerke Bloch’s jederzeit gerecht.

Bewertung:
8-9 Punkte (von 10)


ANTON BRUCKNER
SYMPHONY No.8 IN C MINOR
Riccardo Chailly
Royal Concertgebouw Orchestra
Decca 466 653-2
jpc
(2002)
Länge: 79:04

Tracks:
SYMPHONY No.8 in C minor
1. Allegro moderato
2. Scherzo: Allegro moderato
3. Adaigo
4. Finale

Musik-Art: Klassik

Anton Bruckner: Symphony No.8 -2002-

Conny's Kritik:
Ist Bruckners 8. Sinfonie in seinen musikalischen Unternehmungen wohl seine größte, wenn nicht seine strahlendste? Die 8. Sinfonie wurde auf einem Zenith konzipiert und während eines Tiefpunktes überarbeitet.
Nach dem großen Erfolg seiner 7. Sinfonie 1884 ging frisch gestärkt Bruckner an die Arbeit zu seiner nächsten Sinfonie, sie wurde aber 1887 von Hermann Levi abgelehnt, seine Kritik löste bei Bruckner Depressionen, ja sogar Selbstmord-Gedanken aus. Nach zwei Jahren überarbeitete er die Sinfonie, wo seine 9. Sinfonie in seiner Vorstellung schon Gestalt angenommen hatte. In Wien wurde die 8. Sinfonie nun endlich uraufgeführt und wurde gut aufgenommen. Erwartungsgemäß fand der Kritiker Hanslick die Sinfonie stellenweise seltsam, sogar abstoßend. Bei einem so gewaltigen und originellen Werk kann man darüber aber nicht erstaunt sein, denn es ist beim ersten Anhören nicht gerade leicht zu erfassen……

Die vorliegende CD enthält die knapp 80-minütige Interpretation dieser 8. Sinfonie vom weltberühmten Royal Concertgebouw Orchestra unter der Leitung des Star-Dirigenten Riccardo Chailly.
Die Sinfonie beginnt mit dramatischen, geheimnisvollen Stimmungen, eine längere Phase erinnert an Richard Wagner, sehr mysteriös das Thema, Geigen- und Bläserattacken heißen auf, bis unheimliche Ruhe folgt. Am Ende des Satzes schreien Hörner und Trompeten im Trommelgetöse durch die Nacht.
Der zweite Satz direkt als Scherzo ist schon ungewöhnlich für Bruckner, erstmals folgt es hier auf den ersten Satz. Lebhaft und zerklüftet die Stimmungen, das Hauptthema erzeugt im Streicherrhythmus Glockengeläute, liebliche Harfentupfer erklingen hier auch erstmals in einer Brucknersinfonie.
Leise und unruhig beginnt der 3. Satz, während im Laufe dieses „Adaigo“ immer wieder abgrundtiefe Gefühlstäler mit mehreren temperamentvollen Ausbrüchen sich entwickeln.
Mit Pauken und Trompeten beginnt sehr aufregend das Finale, während im Laufe dieses letzten Satzes sich allmählich wundersame Ruhe und Behaglichkeit einstellt, ab und zu durch laute, tiefgründige Gefühlsausbrüche unterbrochen.

Das Royal Concertgebouw Orchestra unter der Leitung von Riccardo Chailly gibt dieser 8. Sinfonie ihren eigenen, typischen „Concertgebouw-Klangcharakter“, wunderbar souverän gespielt, klanglich tadellos.

Bewertung:
8-9 Punkte (von 10)


Kevin Mahogany: Pride & Joy -2002-

KEVIN MAHOGANY
PRIDE & JOY
Telarc CD-83542
jpc
(2002)
Länge: 50:24

Songs:
1. Signed, Sealed, Delivered I'm Yours
2. Pride and Joy
3. I Can't Get Next To You
4. Neither One Of Us (Wants To Be The First To Say Goodbye)
5. The Tears Of A Clown
6. Reach Out I'll Be There
7. My World Is Empty Without You
8. Never Can Say Goodbye
9. She's Out Of My Life
10. The Hunter Gets Captured By The Game
11. Just My Imagination (Running Away With Me)

Musik-Art: Vocal-Jazz meets Motown

Conny's Kritik:
Kevin Mahogany? Noch nie gehört? Nun, der 1958 geborene Künstler ist mit Rock und Motown-Sound aufgewachsen und begann seine Karriere als Klarinettist, Pianist und Baritonsaxophonist. Dann wurde er auf der Baker University in Kansas Mitglied eines Jazzchors, somit waren für seine Karriere die Weichen gestellt und die Jazz-Szene bekam ihren wichtigsten neuen Vokallisten mit warmer Bariton/Bass-Stimme.

Auf dieser Scheibe singt Mahogany fast ausnahmslos Klassiker der Motown-Szene.
So wird aus „Signed, Sealed, Delivered I’m Yours“ eine A-cappella Gospel Hommage, wo im Chor noch Gregory Clark, Todd Johnson, Gerald Trottman und Peter Eldrige mitsingen. Hinreißend auch Kevin’s Scat-Einlage.
Aus Marvin Gaye’s „Pride And Joy“ wird ein flotter Jazzer, hier spielt dann auch die ganze Band mit Jon Faddis (Trompete), James Weidman (Piano), Dave Stryker (Gitarre), Melissa Slocum (Bass) und Charles Haynes (Schlagzeug). Die Scat-Improvisation von Kevin im Duell mit Jon Faddis an der Trompete ist schon außergewöhnlich.
“I Can’t Get Next To You“ entwickelt sich zu einem vertrackten Jazzsong, hier brillieren Dave Stryker und James Weidman mit Solis, die Scat-Improvisation von Kevin darf hier auch nicht fehlen.
In eine ruhige Piano-Jazz-Ballade wurde Jim Weatherly’s „Neither One Of Us“ umgewandelt, auch ziemlich ruhig als Bossa-Nova-Gitarren-Ballade fiel Smokey Robinson’s „The Tears Of A Clown“, nur begleitet von Dave Stryker an der Gitarre.
Der bekannte Four Tops-Song „Reach Out I’ll Be There“ ist wie der erste Song dieser CD wieder eine A-cappella Gospel-Darbietung und Diana Ross’s „My World Is Empty Without You“ wird zu einer melancholischen, fast stillstehenden Cool-Jazz-Ballade umgestaltet, nur von Bass und Percussion begleitet.
Kevin zaubert weiter: Aus Gloria Gaynor’s „Never Can Say Goodbye“ wird ein außergewöhnlicher Latino-Jazzer, wiederum mit Solis von Dave Stryker und James Weidman.
Jon Faddis leitet mit seiner Trompete “She’s Out Of My Life“ ein und ermöglicht die Entwicklung zu einer ruhigen Jazz-Ballade, James Weidman gibt am Piano ein Solo.
Aus Smokey Robinson’s „The Hunter Gets Captured By The Game“ wird ein grooviger Swing gezaubert, großartig gemacht, jeweils ein Solo von Dave Stryker und James Weidman.
Nur vom Piano begleitet wird „Just My Imagination“ und beschließt als ruhige Bar-Jazz-Ballade das Album.

Ein erstklassiger Kevin Mahogany, tolle Musiker, superbe Arrangements der jeweiligen Klassiker und nicht zuletzt die natürliche Klangqualität dieser CD, die im Direct Stream Digital-Verfahren aufgezeichnet wurde, machen dieses Album durchaus hörens- und empfehlenswert.

 

Bewertung: 8-9 Punkte (von 10)


HARRISON BIRTWISTLE
THE WOMAN AND THE HARE
The Nash Ensemble
Claron McFadden
Julia Watson
Martyn Brabbins
Black Box BBM1046
jpc
(2002)
Länge: 77:23

Tracks:
1:       THE WOMAN AND THE HARE
2-10:  NINE SETTINGS OF LORNE NIEDECKER
          for soprano and cello 
11-16: DUETS FOR STORAB
17-19: AN INTERRUPTED ENDLESS MELODY
          (To the memory of Janet Craxton)
          for oboe & piano
20-33: ENTR'ACTES AND SAPPHO FRAGMENTS 

Musik-Art: Moderne Klassik/Moderne Oper (Neue Musik)

 

Harrison Birtwistle: The Woman And The Hare -2002-

Conny's Kritik:
Harrison Birtwistle wurde 1934 in Accrington, im Norden England, geboren. Er studierte Klarinette und Komposition am Royal Manchester College of Music, wo er Kontakt mit Peter Maxwell Davies, Alexander Goehr, John Ogdon und Elgar Howarth hatte. 1965 verkaufte er seine Klarinetten und widmete sich ausschließlich nur noch der Komposition und schrieb die Oper „Punch and Judy“. Diese Arbeit, zusammen mit „Verses for Ensembles“ und „The Triumph of Time“ etablierte Birtwistle als die führende Stimme in der Britischen Musik. Die Dekade von 1973 bis 1984 war geprägt von seiner monumentalen lyrischen Tragödie „The Mask of Orpheus“ und einer Serie von Ensemble-Partituren wie „Secret Theatre“, „Silbury Air“ und „Carmen Arcadiae Mechanicae Perpetuum“. Weitere Arbeiten in der folgenden Dekade waren die Opern „Gawain“ und „The Second Mrs Kong“, die Konzerte „Endless Parade“ und „Antiphonies“ sowie die Orchester-Partitur „Earth Dances“.
Weitere Werke folgten: „Exody“, aufgeführt vom Chicago Symphony Orchestra mit Daniel Barenboim, „Panic“ hatte 1995 die Premiere und „The Shadow of Night“ mit The Cleveland Orchestra und Christoph von Dohnanyi. Aktuelle Kammermusik-Kompositionen sind „Pulse Shadows“ und „The Last Supper“, aufgeführt im Jahre 2000 erstmalig an der Deutschen Staatsoper in Berlin.
Birtwistle erhielt mehrere Preise (Grawemeyer Award 1986, The Chevalier des Arts et des Lettres 1986, British Knighthood 1988, Siemens Price 1995, British Companion of Honour 2001) und ist momentan Direktor für Komposition am Royal College of Music in London.

Die vorliegende CD enthält fünf Werke neuer Musik, „The Woman And The Hare“, „Nine Settings Of Lorne Niedecker“, „Duets For Storab“, „An Interrupted Endless Melody“ und „Entr’actes And Sappho Fragments“.

„The Woman And The Hare“, eigentlich eine „moderne Oper", ist ein vertontes Gedicht, das David Harsent schrieb. Julia Watson spricht die Zeilen, und Claron McFadden setzt gekonnt ihre glasklare Sopranstimme ein, reibungslos das Zusammenspiel mit den Holzbläsern, Streichern, Perkussion und Celesta. Das ganze klingt wie eine Arie in der Oper, sich bewegend in verschiedenen Geschwindigkeiten im Zusammenspiel mit den unkonventionell spielenden Musikern, immer neuere Klangmuster und Effekte erfindend.

“Nine Settings Of Lorne Niedecker” ist in 9 Abschnitte aufgeteilt, wo die superbe Sopranstimme von Claron McFadden Gedichte von der amerikanischen Schriftstellerin Lorne Niedecker singt. Nur begleitet von einem meisterlich gespielten Cello von Paul Watkins bekommen so die vertonten Gedichte einen neuen, eigenartigen Gefühlssinn.

„Duets For Storab“ ist ein in 6 Stücke aufgeteiltes 2 Flöten-Instrumental, meisterlich gespielt von Philippa Davies und Helen Keen, mal unisono sich begleitend, mal abwechselnd in Schnelligkeit und Klangfarbe. Abgeleitet wurde dieses Stück von „Piobaireach“, eine schottische Variationsmusik des Hochlands-Dudelsackes.

„An Interrupted Endless Melody“ wurde zur Erinnerung der Oboenspielerin Janet Craxton komponiert, ein 3-teiliges Instrumental mit Oboe und Piano. Das melancholische Thema wird durch Gareth House an der Oboe angeführt und Ian Brown steuert durch die vertrackte, mehr perkussive und Harfe- ähnliche Pianobegleitung weitere Highlights dazu.

Das letzte Werk, „Entr’actes And Sappho Fragments“ ist eine Kombination von Instrumental am Anfang und Vocal gegen Ende des 14-teilgen Werkes. Streicher, Holzbläser, Harfe und Perkussion zelebrieren zu Anfang schnelle und langsame Klangmuster, bis ab dem Stück „Cantus“ Claron McFadden mit ihrer Sopranstimme expressionistisch gekonnt einsteigt und die Verse des griechischen Poeten Sappho gefühlvoll vorsingt.

Eine interessante CD mit „neuer Musik“ von einem großen (oder dem größten) englischen Komponisten der Gegenwart, sich nie anpassend, zu Experimenten immer bereit, erstklassige Musiker und eine königliche Claron McFadden, für konservative Klassikhörer eher ungewohnt, klanglich ein Genuss.

Bewertung:
8-9 Punkte (von 10)


Rush: Vapor Trails -2002-

RUSH
VAPOR TRAILS
Anthem Atlantic 7567-83531-2
jpc
(2002)
Länge: 67:20

Songs:
1. One Little Victory
2. Ceiling Unlimited
3. Ghost Rider
4. Peacable Kingdom
5. The Stars Look Down
6. How It Is
7. Vapor Trail
8. Secret Touch
9. Earthshine
10. Sweet Miracle
11. Nocturne
12. Freeze (Part IV of "Fear")
13. Out Of The Cradle


Musik-Art: Rock mit Melodic-und Hardrock-Elementen

Conny's Kritik:
Nichts für Poprock-Feingeister ist das neue Werk (nach sechs Jahren) der kanadischen Rockband „Rush“: Solider, handgemachter Rock mit Gitarre, Bass und Schlagzeug ist hier angesagt. Dabei geriet Geddy Lee's Stimme nicht immer optimal, und der Chorgesang lässt zu wünschen übrig. Virtuoses Bass-Spiel und treibende Drums, harsche Gitarrenriffs, Hardrock Attacken („One Little Victory“, „Ceiling Unlimited“ und Melodic-Rocker, („Sweet Miracle“, „How It Is“) meistens kombiniert mit anspruchsvollen phantasiegeschmückten Lyrics von Drummer Neil Peart bestimmen den Grundsound dieser Scheibe, die klanglich nicht optimal abgemischt wurde.
13 Songs im altbekannten etwas härteren Melodicrock- Schema, etwas Abwechslung täte hier gut, zumal 2-3 leise Balladen hier nicht geschadet hätten.

Bewertung:
6-8 Punkte (von 10)


REINOLD GLIERE
VIOLIN CONCERTO Op. 100
SYMPHONY No. 2
Yuko Nishino
Yondani Butt
Philharmonia Orchestra
Sanctuary Classics DCA 1129
jpc
(2002)
Länge: 67:51

Tracks:
Violin Concerto in G minor, Op.100
(1956 - completet and orchestrated by Lyatoshinsky)
1: Allegro moderato

Symphony No.2 in C minor, Op.25 (1907)
2: First movement
3: Second movement
4: Third movement
5. Fourth movement 

Musik-Art: Klassik

Reinold Gliere: Violin Concerto Op. 100 -2002-

Conny's Kritik:
Der Komponist Reinhold Gliere war von belgischer Abstammung und wurde 1875 in Kiew geboren und erwies sich bereits in frühem Alter als musikalisches Wunderkind. So studierte Reinhold bereits als Kind Violine.
Reinhold trat mit 16 Jahren der Musikschule in Kiew bei. Nach dreijährigem Studium von Violine und Kompositionslehre wurde er 1894 von Nikolai Rubinsteins renommiertem Moskauer Konservatorium aufgenommen, wo er unter anerkannten Komponisten studierte. Im Jahr 1900 promovierte er mit seiner Diplomarbeit, dem einaktigen Opernoratorium „Himmel und Erde“, von der Universität. 1907 komponierte er seine 2. Sinfonie, 1910 veröffentlichte er seine 3. Sinfonie, die monumentale „Ilja Mourometz“. Gliere ging 1913 nach Kiew und übernahm die Komponistenklasse am dortigen Konservatorium, wo er im folgenden Jahr zum Direktor ernannt wurde. Ab 1920 lebte er in Moskau. Gliere starb 1956. Zu seinen Werken gehören sechs Ballette, Bühnenmusik für vier Stücke, drei Sinfonien, sechs Ouvertüren und vier Konzerte, von denen das für Violine am wenigsten bekannt ist.

Die Cd enthält zwei Werke, das „Violin Concerto in G minor Op.100“ von 1956 und die „Symphony No.2 in C minor Op.25“ von 1907.

Glieres Violinkonzert war seine letzte Komposition, die er kurz vor seinem Tod begann. Lyatoschynskij, einer von Glieres Studenten, stellte dieses bemerkenswerte Originalwerk aus den Skizzen des Komponisten zusammen, wobei die Violinpartitur von K. Mostras editiert wurde. Ein betont lyrisch und romantisches Werk, in dem Yuko Nishino mit ihrer Solovioline brilliert. Das Orchester hält sich zumeist gekonnt im Hintergrund und erlaubt der Solovioline ungeahnte künstlerische Freiheit. Nichts ist indeterminiert, alles stimmt auf den Punkt genau. Diese liebliche Musik erinnert zugleich an Tschaikowsky, Rimsky-Korsakoff sowie Schubert und inspiriert ungemein, man ahnt kaum den „unvollendeten“ Charakter dieses Konzertes.

Nach seinem Schulabschluss am Moskauer Konservatorium unterrichtete Gliere dann an der Gnessin-Musikschule in Moskau, wo er 1907 mit 32 Jahren seine zweite Sinfonie komponierte. Er widmete diese dem anerkannten Dirigenten Serge Koussewitzkij, der das Werk im folgendem Jahr mit den Berliner Philharmonikern dirigierte.
Der 1. Satz beginnt mit einem dunklem, schwermütigem Thema und erreicht des öfteren sogar folkloristische Züge. Oft steigt das ganze Orchester mit seiner ganzen Wucht ein, bevor es danach in ungeahnte Tiefen und Ruhepunkte versinkt.
Der 2. Satz ist Anfangs lebhaft, lustig, verspielt und verbreitet ungemein gute Laune. Das ruhigere Mittelteil vermittelt eine ungemein romantische Stimmung, bevor schließlich der Satz wieder, wie Anfangs, lebhaft endet.
Der 3. Satz startet mit einem sanften, romantischen und ruhigem Anfangsthema, das sich, gelegentlich gelockert durch lebhafte und lustige Sequenzen, in musikalische Tragödien verwandelt. Ruhig und verträumt klingt dieser Satz aus.
Der letzte und 4. Satz beginnt fulminant lebhaft, vermischt mit leisen und lauten Elementen und unruhigem Rhythmus, bis ungemein dynamisch das Orchester mit „Victory“- Stimmungen die Sinfonie beschließt.

Wohl die besten Kompositionen von Reinold Gliere machen diese CD schon hörenswert. Erstklassige Orchesterarbeit des Philharmonia Orchestra unter der Leitung von Yondani Butt und eine bravouröse Yuko Nishino an der Solovioline machen sie aber noch interessanter.

Bewertung:
9 Punkte (von 10)


Rolf Riehm: Das Schweigen der Sirenen -2002-

ROLF RIEHM
DAS SCHWEIGEN DER SIRENEN
TÄNZE AUS FRANKFURT
Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt
Lothar Zagrosek
Christine Whittlesey
Christer Bladin
hrMedia hrmn 007-01
jpc
(2001)
Länge: 68:25

Tracks:
1-13:   DAS SCHWEIGEN DER SIRENEN
          nach der Erzählung von Franz Kafka

14-20: TÄNZE AUS FRANKFURT
          für Orchester in vier Gruppen 

Musik-Art: Moderne Klassik/Moderne Oper (Neue Musik)

Conny's Kritik:
Mit sehr ungewohnten Tönen für den „Otto-Normal-Klassikhörer", aber für den nach „neuer Musik“ labenden Klassikhörer höchst akzeptablen Klängen präsentieren sich hier die zwei Werke des Musik-Avantgardisten Rolf Riehm, die der Hessische Rundfunk auf ihrem eigenen Label „hrMEDIA“ jüngst auf einer CD veröffentlichte.

Der Komponist Rolf Riehm wurde 1937 in Saarbrücken geboren, studierte Schulmusik in Frankfurt am Main und ab 1958 Komposition in Freiburg. Danach war er als Solo-Oboist tätig. Riehm ist Mitbegründer der Frankfurter Vereinigung für Musik und wurde 1968 Dozent an der Rheinischen Musikschule Köln, wo er bis 1972 auch Mitglied der „Gruppe 8“ war. 1968 erhielt er die Auszeichnung „Premio Marzotto per la Musica“ und ein Stipendium der Villa Massimo. Von 1974 bis 2000 war Rolf Riehm Professor für Komposition und Tonsatz an der Musikhochschule Frankfurt am Main, von 1976 bis 1981 Mitglied des legendären „Sogenannten Linksradikalen Blasorchesters“ Frankfurt. Konzertreisen, Vorträge und Workshops führten ihn u. a. nach Mittel- bzw. Südamerika und Japan. 1992 erhielt er den Kunstpreis des Saarlandes.

Diese CD beinhaltet zwei Werke von Rolf Riehm, die 1987 komponierte „neue Oper“ „Das Schweigen der Sirenen“ und das 1980 komponierte Orchesterwerk „Tänze aus Frankfurt“.

„Das Schweigen der Sirenen“ ist eine Assoziation aus „Moderne Oper“ und orchestralen Seitenhieben mit elektronischen Spielereien mit dem Text des gleichnamigen Werkes von Franz Kafka. Der Text beschreibt ein Abenteuer von Odysseus aus der griechischen Mythologie, wie er sich mit seinem Schiff den Sirenen näherte, um den Gesang der Sirenen zu entkommen, stopft er sich Wachs in die Ohren, aber die Sirenen schwiegen……
Die gesprochenen und gesungenen Texte interpretieren meisterhaft Christine Whittlesey als Sopran und Christer Bladin als Tenor, ungewohnt dynamisch und zugleich fast unhörbar singend/sprechend, sich nie einem klassischen Gesangsstill anpassend. Mit provokanten Klangmitteln wie elektronischen Zuspielungen und schrägen Klangstrukturen des Orchesters, als wäre es eine Ektomie der Klassik, wird ein Labyrinth an Wohlklängen und Missklängen erzeugt, aus dem ein Kunstwerk entsteht, in dem sich der eine oder andere Zuhörer sich doch ziemlich leicht verirren kann.

„Tänze aus Frankfurt“ wurde bereits schon 1980 von Rolf Riehm komponiert, ein Orchesterwerk „neuer Musik“ mit ungewohnten Klangstrukturen. Sehr viele Elemente werden hier vermischt, es ergibt sich keine längere harmonische Ebene, ständig wechselnde Tempi und verschiedene Melodien werden gleichzeitig miteinander vermischt. Ein Potpourri aus Blasorchester-Floskeln, Pianospiel, Ravel-, Bach- und Stravinsky Harmonien vereinigen sich als Komplott zur alten Klassik und verdrängen sie in die Präexistenz. Überaus durchweg formidable Leistung des Radio-Sinfonie-Orchesters Frankfurt.

Ein starkes Werk an Orchester- und Opermusik schuf hier Rolf Riehm, befremdlich für den „konservativen Klassikhörer“, aber die Illuminaten der „neuen Musik“ werden schon ihre Freude haben.

Bewertung:
8 Punkte (von 10)


JAN DISMAS ZELENKA
COMPLETE ORCHESTRAL WORKS
Jürgen Sonnentheil
Das Neu-Eröffnete Orchestre
cpo 999 897-2 (3 CD)
jpc
(2001)
Länge: 177:49

Tracks:
CD 1:
1. Capriccio No 2
8. Hipocondire à 7 concertanti
10. Concerto à 8 concertanti
13. Capriccio No 3

CD 2:
1. Capriccio No 5
6. Simphonie à 8 concertanti
11. Capriccio No 1

CD 3:
1. Ouverture à 7 concertanti
6. "Symphonia" from "Melodrama de S. Wenceslao"
7. Capriccio No 4

Musik-Art: Klassik

Jan Dismas Zelenka: Complete Orchestral Works -2001-

Conny's Kritik:
Jan Dismas Zelenka wurde 1679 in dem böhmischen Dorf Launowitz geboren. So um 1711 wurde er als Kontrabassist an die Kapelle des Dresdner Hofes verpflichtet. Erst in den Jahren 1716 bis 1719 erhielt Zelenka Gelegenheit, sich außerhalb Dresdens weiterzubilden. Er konnte damals nach Wien gehen. Dort unterhielt er Kompositionsstudien beim Kaiserlichen Kapellmeister Johann Joseph Fux. Die in und für Dresden komponierte Musik zeichnet sich durch eine virtuose Verwendung von Hörnern aus, die in der Musik anderer Regionen insbesondere in den Jahren um 1720 ihresgleichen nicht hatte. (Das Schaffen J. S. Bachs nimmt allerdings auch hier eine Sonderstellung ein.) Die ersten vier der fünf „Capricci“ sind in den Jahren 1717 und 1718 in Wien entstanden. Zelenkas Kompositionen haben der Unterhaltung einer adligen Gesellschaft gedient. Das fünfte „Capriccio“ Zelenkas ist nicht in Wien entstanden, sondern gut zehn Jahre später in Dresden.
In den Orchesterwerken, die Zelenka 1723 komponiert hat, werden keine Hörner verwendet. 1735 wurde er zum „Kirchen-Compositeur“ ernannt, am 23. Dezember 1745 ist er in Dresden gestorben. Neben den vier Prager Werken entstanden um 1720 noch sechs Trio- bzw. Quadrosonaten. Mit Ausnahme des Dresdner G-Dur-Capriccios aus dem Jahre 1729 schrieb er danach nie wieder selbständige Instrumentalmusik.

Die vorliegenden 3 CD’s enthalten sämtliche Orchesterwerke von Zelenka, hinreißend musiziert „Das Neu-Eröffnete Orchestre“ sämtliche Werke unter der Leitung von Jürgen Sonnentheil.
CD 1 startet mit dem „Capriccio No 2 in G major“, gespielt von 2 Oboen, 2 Violinen, Viola, Bass, Bassoon und zusätzlich 2 sehr virtuos gespielten Jagdhörner, man wird direkt an Bach’s „Brandenburgische Konzerte“ erinnert. Ein fröhliches und lebhaftes Werk, erst gegen Ende im „Menuett“ etwas verhaltener.
Mehr melancholischer aber auch etwas heiter ist das „Hipocondrie à 7 concertanti in A major“, ohne Hörner, aber mit 2 Oboen, 2 Violinen, Viola, Bassoon, Harpsichord und Bass.
Das „Concerto à 8 concertanti in G major“ enthält zugleich lebhafte wie langsame und melancholische Musikstimmungen für Oboe, Violinen, Viola, Violoncello, Bassoon und Bass.
Das letzte Werk dieser 1. CD, „Capriccio No 3 in F major“, tönt wieder vertraut mit 2 Jagdhörnern, 2 Oboen, 2 Violinen, Viola und Bass in feierlichen, fröhlichen Stimmungen, wobei das Mittelteil langsam und bedächtig ausruht.
CD 2 beginnt mit dem „Capriccio No 5 in G major“, ein sehr lebhaftes Jagdhorn- Stück in Begleitung von der übrigen vertrauten Orchesterbesetzung. Sehr interessant dabei der Abschnitt „Furibundo“ in ungemein rasanter Instrumentier-Technik. Es folgt die „Symphonie a 8 Concertanti in a minor“, ein wunderschönes Zusammenspiel zwischen Streichern und Bläsern, diesmal ohne Hörner. Wieder mit Jagdhörner beendet das „Capriccio No 1 in D major“ diese 2. CD, insgesamt etwas verhalten und mittelschnell, besonders besinnlich „Aria“, virtuos schnell „Bourrée“.
CD 3 heißt mit der „Ouverture a 7 Concertanti in F major“ sein staunendes Publikum willkommen. Obwohl ohne Hörner, versetzt es den Zuhörer in lebhafte, besinnliche und verträumte Stimmungen. So wie die besinnliche „Aria“ nur mit Streicher, oder das verträumte „Siciliano“ und der schnelle und lustige Schlussteil „Folie“.
Mit Pauken und Trompeten kommt „Symphonia from Melodrama de S. Wenceslao in D major“ daher, neu mit 2 Trompeten zusätzlich., aber ohne Hörner. Insgesamt lebhaft und aufbrausend, erst im „Adagio“ langsamer.
Schließlich beendet das „Capriccio IV in A major“ dieses CD-Werk. Wieder mit Jagdhörner angereichert, werden wunderschöne Instrumental-Kapriolen mit unterschiedlichen Musikstimmungen wie lebhaft, besinnlich und träumerisch erzeugt, die eigentlich dem urmusikalischen Ursprung tatsächlich gleichkommen könnten…..

Wer erstaunlich originelle Musik mit vertrackten Rhythmen im barocken Gewand hören will, kommt bei dieser 3er-CD von cpo auf seine Kosten. Es ist Unterhaltungsmusik im besten Sinn des Wortes. Dabei leisten Sonnentheil und sein Ensemble wirklich einfallsreiche, sehr gute Arbeit.

Bewertung:
8-9 Punkte (von 10)


 
 
 
 
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